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90. Journalistenstammtisch: 300 Jahre Hanauer Anzeiger – ein Blick zurück und nach vorn

  • Autorenbild: Ballcom Digital Public Relations
    Ballcom Digital Public Relations
  • 3. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit

Tageszeitungen haben es heutzutage bekanntlich schwer: sinkende Auflagenzahlen und ein grundsätzlich verändertes Lese- und Konsumverhalten zwingen Medienhäuser zum Umdenken und Handeln. Umso erfreulicher ist es, wenn eine Tageszeitung weiterhin Bestand hat – und ein herausragendes Jubiläum feiern darf.


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Der Hanauer Anzeiger (HA) begleitet seit rund 300 Jahren das Geschehen in Hanau und Umgebung. Damit zählt er zu den drei ältesten Tageszeitungen Deutschlands und ist zugleich die älteste Zeitung Hessens. Anlass für den 90. Journalistenstammtisch war genau dieses traditionsreiche Wirken: Moderatorin Heike Fauser von Ballcom sprach mit Yvonne Backhaus-Arnold, Redaktionsleiterin des Hanauer Anzeiger und Chefredakteurin der Mediengruppe Offenbach-Post, im Stadthof Hanau über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Mediums.



Drei Jahrhunderte Lokaljournalismus

„Die Zukunft des Journalismus entscheidet sich daran, ob Menschen bereit sind, für Qualität zu zahlen“, betonte Daniel Freimuth, Geschäftsführer der Hanau Marketing GmbH, der zu Beginn der Veranstaltung ein paar Worte ans Publikum richtete. Als ehemaliger Redakteur beim Hanauer Anzeiger hat er selbst miterlebt, dass sich die Herausforderungen des Lokaljournalismus kaum geändert haben: „Im Kern geht es darum, auf neue Mediennutzungsgewohnheiten zu reagieren und gleichzeitig profitabel zu bleiben.“ Die älteste deutsche Tageszeitung, die Hildesheimer Allgemeine Zeitung, erschien 1705. Nur 20 Jahre später, 1725, wurde die erste Ausgabe des Hanauer Anzeiger veröffentlicht. Was als Annoncenblatt begann, entwickelte sich im Laufe von drei Jahrhunderten zu einer festen Instanz in der Region. „Wir haben stets Mut und Neugier bewiesen“, sagte Yvonne Backhaus-Arnold. Sie kennt das Blatt seit mehr als zwei Jahrzehnten, hat als Volontärin begonnen und leitet heute die Redaktion.

 

Standhaftigkeit prägt die Geschichte des Hanauer Anzeiger: „Schon unter Napoleon musste sich die Zeitung behaupten, nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Druckerei mühsam wieder aufgebaut. Immer wieder stellte sich das Blatt neuen Herausforderungen, testete Formate und blickte zuversichtlich nach vorn“, erläutert sie.


Rassistischer Anschlag in Hanau schwerster Moment

Als einen der schwersten Momente hat die Redaktionsleiterin den rassistischen Anschlag vom 19. Februar 2020 in Hanau in Erinnerung.

Die dramatischen Ereignisse hätten eine besondere Art der Berichterstattung erfordert: In den Tagen und Wochen nach dem Anschlag habe die Redaktion Großes geleistet. „Da ist niemand pünktlich nach Hause gegangen.“ Der HA erlangte bundesweite Resonanz. „Dass wir für unsere Arbeit honoriert und beim Deutschen Lokaljournalistenpreis ausgezeichnet wurden, veränderte auch die Wahrnehmung: wir machen echten und guten Journalismus“, meint Backhaus-Arnold.

Auf die Frage, welche Relevanz der Hanauer Anzeiger heutzutage in der Hessischen Medienlandschaft habe, musste die Redaktionsleiterin kurz nachdenken, denn: „Das ist keine einfache Frage. Ich denke, dadurch, dass wir uns weiterhin intensiv mit den Auswirkungen des Attentats beschäftigen, werden wir auch von anderen Zeitungen stark beäugt, und natürlich verfolgt das auch die Politik in Wiesbaden.“

 

Zugleich ist die Verbindung zur Leserschaft über all die Jahre eng geblieben. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel: Eine Leserin fand auf ihrem Dachboden eine Ausgabe des Hanauer Anzeigers aus dem Jahr 1726. Ein Fund, der nicht einmal im Stadtarchiv vorhanden war und der nun feierlich übergeben wurde.

Zukunft braucht Anpassung

Im Januar 2020 wechselte der Hanauer Anzeiger zur Mediengruppe Offenbach-Post und gehört seither zur Ippen-Verlagsgruppe. “Das Netzwerk ermöglicht nicht nur wirtschaftliche Stabilität, sondern auch neue Entwicklungsmöglichkeiten“, erläutert Backhaus-Arnold.

 

Gleichzeitig spürt auch die Redaktion den Fachkräftemangel. Zwar bringen Praktikanten und Volontäre frische Ideen mit, doch die Personaldecke ist knapp. Umso wichtiger ist der direkte Kontakt zu den Lesern. Im September zieht ein Redakteur jeden Mittwoch für vier Stunden in den Hanauer Stadthof, um die Nähe zu Bürgerinnen und Bürgern zu suchen und Themen aufzunehmen. Auch in den Schulen ist der Hanauer Anzeiger unterwegs, um Schülerinnen und Schüler für den richtigen Umgang mit Medien zu sensibilisieren. Wo wird der Hanauer Anzeiger in zehn Jahren stehen? „Ich bin davon überzeugt, dass uns die Menschen auch in Zukunft lesen werden.“ Und was ist mit dem gedruckten Blatt? „Es gibt noch viele Leserinnen und Leser, die den Hanauer Anzeiger in Papier in der Hand halten wollen.“

 

Ballcom bedankt sich bei der Fraport AG, die als langjähriger Partner den Rhein-Main Journalisten-Stammtisch unterstützt, ebenso beim Gastgeber dem Stadthof Hanau.




 
 
 

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