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58. Rhein-Main Journalisten-Stammtisch

„Nie ist so viel geschrieben worden , leider aber auch nie so viel Falsches.“ Dr. Roland Kaehlbrandt, Autor.


Kai Pfaffenbach Rhein-Main Journalisten-Stammtisch

Die deutsche Sprache und das digitale Zeitalter: Beim 58. Rhein-Main Journalisten-Stammtisch drehte sich alles um unsere Sprache und wie wichtig diese wieder wird. Unter dem Motto „Was unsere Sprache kann, was wir daraus machen, und was ihre Zukunft sein kann“ hielt Referent Dr. Roland Kaehlbrandt, Autor des „Logbuchs Deutsch – wie wir sprechen, wie wir schreiben“ sein 300-Sekunden-Statement.

Mark Twain sagte einmal „Das Leben ist zu kurz, um Deutsch zu lernen.“ Dieser Aussage ging Dr. Roland Kaehlbrandt genau auf den Grund. Ist das Erlernen unserer Sprache tatsächlich eine solche Zumutung? Ist die deutsche Sprache wirklich so kompliziert und nur schwer erschließbar? In Angesicht des global steigenden Interesses an deutschen Sprachkursen stellte Kaehlbrandt fünf Vorzüge dar, die für die deutsche Sprache sprechen.

1. Lego-Sprache Deutsch

Der deutsche Wortschatz umfasst 5,4 Millionen Wörter, der sich nicht zuletzt auf die nahezu unbegrenzte Kombinierbarkeit der Wörter zurückführen lässt. Die Sprache lade quasi dazu ein, immer wieder neue Wortkreationen aus dem bereits bestehenden Vokabular zu schaffen. Der Vorteil läge hierbei ganz klar auf der schnellen Erschließung der Wortbedeutungen, wie Kaehlbrandt am Beispiel des „Kinderarztes“ verdeutlichte.

2. Genauigkeit im Raum

Die deutsche Sprache verfüge über rund 40 Präpositionen, die man beliebig an die Wortfamilie eines Verbs anhängen könne. Nehme man beispielsweise das Verb „gehen“, so kann der Wortschöpfer im Deutschen ausgehen, weggehen, abgehen, untergehen oder etwa hinaufgehen. Diese Genauigkeit der Sprache sei weltweit einzigartig, so Kaehlbrandt.

3. Elastizität im Satzbau

Ist der deutsche Satzbau für viele noch ein Hindernis, machte Kaehlbrandt klar: Dahinter stecken viele Vorzüge. Neben der Flexibilität zählen auch die Wendigkeit und der Nuancenreichtum zu den Stärken der deutschen Sprache. So setzen sich die Satzinhalte zu einem Gesamtbild zusammen, dass sich für den Leser in einem Moment erschließen lässt.

4. Beziehungsbegabung der deutschen Sprache

Ein weiterer Vorzug sei die Nuancierung und Abtönung von Fragen oder Aufforderungen. So fällt es im Deutschen leichter die Mitteilungsabsicht auf den Mitteilungsinhalt abzustimmen. Ein einfaches „Hallo“ kann heute ganze Dialoge ausfüllen. Kleine Wörter wie aber, auch, bloß, eben, vielleicht oder schon seien zusätzlich „Abtönungspartikel“, die eine kleine und doch so wichtige Zusatzbedeutung in der deutschen Sprache einnehmen.

5. Verbreitung der Sprache

Das Deutsche habe 103,5 Millionen Muttersprachler und gehöre bei 6000 Sprachen zu den zehn stärksten Sprachen weltweit. Zusätzlich lernen 15 Millionen Menschen in 114 Ländern Deutsch und in sieben weiteren Staaten sei das Deutsche die offizielle Amtssprache, erklärt Kaehlbrandt. Insgesamt gehe man von 300 Millionen Menschen aus, die in ihrer Bildungslaufbahn die deutsche Sprache erlernt haben.

Im Zeitalter des virtuellen Meinungsaustausch und Social Media rät er zu einer differenzierten Betrachtung und kritischen Auseinandersetzung der neuen Kommunikationstools. Noch nie sei so viel geschrieben worden wie heute, leider aber auch noch nie so viel Falsches, so Kaehlbrandt. Um die deutsche Sprache auch weiterhin in einer international ausgerichteten Welt zu stärken, schlägt er vor, „Deutsch als Zweitsprache“, als verpflichtende Fortbildung für alle Lehrkräfte an Schulen einzuführen. Sprachbildung sei aber eine Aufgabe der gesamten Sprachgemeinschaft, bestehend aus Vereinen, Stiftungen oder Initiativen. Nur wenn alle an einem Strang ziehen und in der Sprachpflege aktiv sind, kann man Mark Twains Aussage widerlegen, denn fest steht: Das Leben ist definitiv nicht zu kurz, um Deutsch zu lernen.




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