„Die FNP benötigt ein ganzheitliches, neues Organisations-Konzept.“ Joachim Braun, Chefredakteur der FNP.
Die Frankfurter Neue Presse und das digitale Zeitalter: Beim 57. Rhein-Main Journalisten-Stammtisch ging es um den angestrebten Change-Prozess der Tageszeitung. Referent Joachim Braun, seit Ostern Chefredakteur der FNP, erklärte während seines 300-Sekunden-Statements, warum das Blatt noch lange nicht in der Digitalisierung angekommen ist und was sich ändern muss, um tatsächlich den Weg hin zum digitalen Wandel finden und gehen zu können.
Laut Braun ist das Konstrukt Tageszeitung überholt, weshalb die FNP ein ganzheitliches, neues Organisations-Konzept benötige. Dazu zähle beispielsweise die Neugestaltung der Redaktionsräume: Braun möchte einen integrierten Newsroom und ein völlig neues Redaktionssystem implementieren. Damit will er Inhalte erarbeiten, die nicht nur an der Oberfläche kratzen. Vielmehr setzt er auf das Erzählen von Geschichten, die auch Hintergründe und Details beleuchten. Der inhaltliche Fokus müsse zukünftig auf der Qualität der Berichte liegen und nicht auf der Terminbesetzung. Seiner Überzeugung nach hat das Modell des Reporters als „Alleskönner“ ausgedient; Ziel müsse es vielmehr sein, die einzelnen Autoren als Eigenmarken aufzubauen. Auch den Online-Auftritt möchte er überarbeiten und modernen Standards anpassen: mobil und nutzerorientiert.
Obwohl die Zukunft digital sein wird, gestaltet es sich nach Brauns Einschätzung immer noch schwierig, mit Digital-Journalismus Geld zu verdienen. Dennoch seien Bezahlschranken unverzichtbar, gerade um den Usern zu verdeutlichen, dass Qualitätsjournalismus seinen Wert hat. Die FNP benötige also Inhalte, die sich lokal und emotional vermarkten lassen, beispielsweise Videos, Serien oder Live-Ticker. Sein Ziel ist es, dass die FNP mit ihren Themen in Zukunft regelmäßig zum Stadtgespräch wird, um sich so von den Konkurrenten abzugrenzen. Nur so ließe sich der Paid-Content den Lesern näherbringen.
Unterstützung bei seinen Vorhaben bekommt Joachim Braun unter anderem von einem ehemaligen Kollegen und Mitstreiter des Nordbayrischen Kuriers, Tobias Köpplinger, den er im Juli als Digitalchef nach Frankfurt holen wird. Fazit: Die FNP ist zwar noch kein Vorreiter in Sachen Digitalisierung, die Herausforderung, den Digital-Journalismus langfristig zu etablieren, hat sie aber bereits angenommen. Somit besteht kein Zweifel daran, dass auch jemand, der keinen Apfelwein mag, als Chefredakteur einer Frankfurter Traditionszeitung bestens geeignet ist.
Herzlich willkommen in Frankfurt, Joachim Braun, wir sind gespannt auf alles, was von Ihnen und Ihrem Team noch kommt!
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